Montag, 18. Januar 2016

Unwort des Jahres 2015

Liebe Sprachgemeinde,

auch 2015 gab es wieder sprachliche High- und Lowlights. Eine ganz besondere Entgleisung kürt jedes Jahr eine unabhängige Jury aus mehreren Sprachwissenschaftlern an verschiedenen Universitäten und einem Journalisten. Die Kür zum Unwort des Jahres möchte dabei auf Wörter und Formulierungen hinweisen, die gegen das Prinzip der Menschenwürde und Prinzipien der Demokratie verstoßen wie auch einzelne Gruppen diskriminieren und euphemistisch, irreführend oder verschleiernd sind (siehe dazu hier).

Im Jahr 2015 wären schon allein durch die "Griechenlandkrise" einige Begriffe prädestiniert gewesen, um zum Sieger gekürt zu werden, zum Beispiel Grexit, Griechenlandhilfe oder Griechenlandrettung.

Auch der Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland führte zu Einsendungen, aus denen die Jury ausgewählt hat. Hier waren beispielsweise Wir schaffen das!, Willkommenskultur und Flüchtlingskrise genannt worden.

Zum Sieger wurde allerdings letztlich ein anderer Begriff: Gutmensch. Dessen Wahl allerdings erklärt sich erst auf den zweiten Blick. So schreibt die Jury in ihrer Begründung:

"Das Wort „Gutmenschist zwar bereits seit langem im Gebrauch und wurde auch 2011 schon einmal von der Jury als ein zweites Unwort gewählt, doch ist es im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsthema im letzten Jahr besonders prominent geworden. Als Gutmenschenwurden 2015 insbesondere auch diejenigen beschimpft, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren oder die sich gegen Angriffe auf Flüchtlingsheime stellen. Mit dem Vorwurf „Gutmensch“, „Gutbürger“ oder „Gutmenschentum“ werden Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm oder weltfremdes Helfersyndrom diffamiert. Der Ausdruck „Gutmensch“ floriert dabei nicht mehr nur im rechtspopulistischen Lager als Kampfbegriff, sondern wird auch hier und dort auch schon von Journalisten in Leitmedien verwendet. Die Verwendung dieses Ausdrucks verhindert somit einen demokratischen Austausch von Sachargumenten." (Quelle: hier).

Auch der Begriff Verschwulung wurde gerügt. Dieser Buchtitel (Akif Pirincci: "Die große Verschwulung") diffamiere in besonderer Weise Homosexuelle und erinnere an faschistische Ausdrücke wie "Verjudung".

Wir sehen: es lohnt sich, die eigene Sprache auch in diesem Jahr immer kritisch zu betrachten.


Passen Sie also in dieser Woche auf Ihre Sprache auf,

Sebastian Kirchner





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